Yin Yang – Die Natur zeigt uns das Prinzip
Yin bringt Yang hervor. So kennen wir eine der Gesetzmäßigkeiten von Yin und Yang, die sich auch im entsprechenden Symbol widerspiegelt. Dort wo die schwarze Monade ihre größte Ausbreitung erreicht hat beginnt der weiße Bereich. Und der weiße Punkt innerhalb der schwarzen Yin-Fläche ist wie ein Keim für das aufsteigende, weiße Yang.
Unser Leben ist aktuell sehr am Yang ausgerichtet. Begriffe wie: Aufschwung, Agilität, Zuwachs, Steigen (Gewinne und Aktien) und Gewinn haben einen hohen Stellenwert. So sind zum Beispiel auch Schüler die sich aktiv am Unterricht beteiligen besser angesehen als solche, die eher Zuhören und das Aufgenommene verarbeiten ohne gleich einen eigenen Beitrag beizusteuern.
Yin ist schon ein bisschen Yang
Die Natur zeigt uns gerade im Frühling, einen ganz wichtigen Aspekt von Yin und Yang. Sie zeigt uns, dass in der Zeit des Yin, dem Winter, sehr viel von dem passiert, was wir mehr dem Yang zuschreiben. Nachdem im Herbst die Bäume ihre Blätter verloren haben und der Saft der Pflanze sich in den Stamm und die Wurzeln zurückzieht, sehen die Bäume für uns trist und kahl aus. Was wir nicht sehen, und das Sehen ist unser Sinn mit dem größten Yang-Anteil, nehmen wir nur schwer wahr. Die Natur sammelt sich, nährt sich aus ihrem Inneren heraus und schon bald, wenn der Winter für uns noch deutlich spürbar ist, beginnt bereits der Prozess, den wir im Frühling als Yang wahrnehmen.
Die Knospen beginnen schon sehr früh, ganz langsam zu wachsen. Geschlossen und kompakt verhüllen sie die Blätter die in ihnen heranwachsen. Die Struktur der Blätter, ihre Form und alle nötigen Funktionen sind schon erschaffen. Diese jungen Blätter sind schon richtige Blätter. Ganz klein nach einem Origami-Prinzip zusammengefaltet wachsen sie im Schutz der Knospe heran und warten auf den Moment sich zu entfalten. Das ist innere Kunst. Wir sehen noch keine Blätter, doch sie sind da, klein und unsichtbar.
Die innere Struktur
Wenn die Sonne (Yang) dann genügend Kraft besitzt ihre Wärme an die Natur weiterzugeben ist das der Startschuss für die jungen Keime und Blätter. Das was in der Yin-Zeit bereits geschehen ist öffnet sich und kommt zur Entfaltung. Bei den Blättern der Bäume ist diese Entfaltung buchstäblich. Die Blätter falten sich auf, gewachsen sind sie in diesem Stadium schon lange. Entfaltet können sie nun die Kraft der Sonne aufnehmen und ihren Wachstumsprozess weiter beschreiten. Jetzt sehen auch wir, ohne genau auf das kleine und unscheinbare zu achten, das Yang der Natur. Ein Großteil davon ist aber entstanden, als wir mit flüchtigem Blick noch nichts davon sehen konnten.
Yang Entfaltung in der Kampfkunst
Im Bezug auf die Kampfkünste finden wir ebenfalls ein Prinzip, welches zum Bild der Knospe und dem Blatt passt. Ein Großteil der „Arbeit“ findet im Verborgenem statt. Für den Gegner nicht sichtbar pflegen wir die inneren Strukturen. Alle Gliedmaßen werden frei von Anspannungen bleiben aber in einer natürlichen Spannung ohne zu erschlaffen. Das ist die Basis, damit sich im rechten Moment eine Kraft nach aussen entwickeln kann. Wenn wir uns aber planend auf den Gegner fokussieren, um einen „Trick“ anzuwenden, gelingt das nur mit Kraft und Schnelligkeit. Es hat so nichts mit einer Inneren Kampfkunst zu tun. Im Yiquan zum Beispiel geht es zum größten Teil um diese Innere Arbeit. Dort schulen wir den Körper, ohne eine definierte Angriff-Block-Gegenangriff Strategie, in seinen inneren Strukturen. So entwickeln wir eine Art Kraft wie wir sie auch in der Knospe finden können. Bei einem Impuls von Aussen wird sich dann die Kraft, als elastische Kraft, wie von selbst, nahezu im gleichen Moment entfalten. Wie beim Blatt in der Knospe ist alles schon da. Das ist Innere Kunst.
Wir brauchen das Yin
Was können wir aus diesem Yin-Yang Vorgang in der Natur für unser Leben mitnehmen? Es braucht die Zeit der Stille und Ruhe für unsere Aktivitäten. Wenn wir es schaffen passive Phasen in unserm Alltag Wert zu schätzen und uns darauf einlassen, könne wir zur rechten Zeit daraus wieder aktiv werden – reife Entscheidungen treffen und überlegt Handeln. Was aktuell in unserer Gesellschaft passiert ist, dass wir nach einer Phase der Aktivität (Yang) einen Ersatz suchen um uns ja nicht mit uns selbst beschäftigen zu müssen. Wir suchen nach einem einfachen Yang, einer Ablenkung, Hauptsache wir tun etwas, wo man auch sieht das etwas getan wird.